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Neuwieder Bären besiegen Spitzenreiter

Þ13 Februar 2016, 20:00
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Man ist geneigt, nach einem solchen Abend ein ziemlich großes Fass aufzumachen. Viel zu lange hatte man schließlich auf einen solchen Moment gewartet. Viel zu viele Vorzeichen sprachen – auch im Spielverlauf – immer wieder gegen den EHC Neuwied. Umso mehr ist man geneigt, diese 60 Minuten gegen Spitzenreiter Duisburg mit Attributen wie großartig und überragend zu betiteln. Aber vielleicht sollte man die Kirche auch im Dorf lassen, die Superlative andere aussprechen lassen.

Ja, das war eine unfassbare Energieleistung des Neuwieder Kollektivs, aus dem die wie entfesselt aufspielenden Björn Linda und Josh Myers herausragten. Ja, das war der seit so vielen Jahren lang ersehnte Sieg gegen den mehrfachen Nicht-Aufsteiger Duisburg – mindestens so lange, wie die Füchse auf die DEL2 warten musste der EHC auf einen solchen Sieg warten. Und dennoch gab es auch nach diesem Husarenstück, einem 4:2 (0:1, 3:1, 1:0)-Sieg nach zweimaligen Rückstand gegen den haushohen Favoriten, nur drei Punkte auf das Konto. Oder gab es doch ein bisschen mehr? „Das hier kann uns noch einmal einen richtigen Schub geben“, so der Tenor nach dem Sieg. Die nächsten Wochen werden es zeigen.

Zur „Freude“ der Bären konnten die Füchse in Neuwied erstmals in dieser Saison mit komplettem Kader auflaufen. Gleich fünf DEL-Spieler vom Kooperationspartner Krefeld Pinguine standen im Kader des ehemaligen NHL-Trainers Brian McCutcheon. Der hat in seinem Sportler- und Trainerleben schon viele große Arenen gesehen – die Eishalle in Neuwied gehört jetzt auch dazu, und den Abend in der Bärenhöhle wird er vermutlich so schnell nicht vergessen.

Wenngleich sein Team besonders im ersten Drittel und da besonders in der Anfangsphase schon immensen Druck auf den EHC ausübte. Neuwieder Angriffe waren selten, das 0:1 durch Chad Niddery (7.) die eigentlich logische Konsequenz der Füchse-Dominanz. Der EHC setzte nur kleine Nadelstiche, wie etwa Max Wasser, der in der achten Minute seinem Gegenspieler die Scheibe abluchste, jedoch an EVD-Keeper Sebastian Stefaniszin scheiterte. Der Spitzenreiter führte nach 20 Minuten mit 1:0 – alles schien seinen gewohnten Gang zu nehmen, wenngleich sich im weiten Rund der Bärenhöhle die Meinung verbreitete: „Das sah gar nicht so schlecht aus.“

Im zweiten Drittel vor (diesmal viel zu wenigen) 1006 Zuschauern wendete sich jedoch das Blatt – ab sofort sah das nicht nur gut, sondern richtig klasse aus, was das von Trainer Craig Streu taktisch herausragend eingestellte EHC-Team da auf dem Eis zeigte. Allen voran zwei Spieler: Björn Linda hielt hinten wie ein Blöder, Josh Myers ackerte vorne wie ein Pitbull. Der US-Stürmer war es denn auch, der nach 23 Minuten Stefaniszin im EVD-Kasten ein erstes Mal austanzte und zum Ausgleich traf. Der EHC bekam jetzt Oberwasser, war phasenweise nicht nur gleichwertig, sondern auch spielbestimmend – ohne jedoch selbst in Führung zu gehen. Stattdessen lagen plötzlich die Füchse wieder vorne: Markus Schmidt traf mit einem humorlosen Schuss von der blauen Linie zum 1:2 (32.).

Doch die Partie sollte ausgerechnet in dieser Phase kippen, noch im zweiten Drittel. In Überzahl traf Stephan Fröhlich sehenswert platziert zum 2:2-Ausgleich (36.). Spätestens jetzt war allen klar: Das könnte ein besonderer Abend werden. Auch auf der Bank ging ein Ruck durch das Team. Schmerzhaft jedoch, dass kurz darauf Josh Myers vorläufig aus dem Spiel war. Der Amerikaner wurde abseits der Scheibe vom Schläger seines Gegenspielers am Helm getroffen, fiel dabei in Schiedsrichter Benjamin Hoppe hinein.

Der hatte die Aktion wie seine Assistenten nicht gesehen. Myers musste anschließend mit einer durch den Stockschlag verursachten, blutenden Kopfverletzung in der Kabine behandelt werden, spielte anschließend mit Turban unter dem Helm weiter. Die Füchse kassierten für diese unschöne Szene hingegen keine Strafe – zumindest nicht vom Unparteiischen. Für die Strafe sorgten die Bären dann schon selbst: Artur Tegkaev staubte nur 23 Sekunden vor der zweiten Drittelpause zur erstmaligen Führung ab (3:2), das Icehouse stand Kopf.

Der Weg bis ins Ziel war freilich noch weit, und Streu musste ein weiteres Mal improvisieren. Vor dem Spiel hatte er bereits auf Josh Rabbani und Deion Müller verzichten müssen, auch Maurice Keil, Dima Butasch und Max Spöttel standen nicht zur Verfügung. Zum Glück hatte Kooperationspartner Bad Nauheim neben Garret Pruden und Goran Pantic auch Stürmer Dominik Lascheit geschickt, so dass der EHC mit 21 Akteuren auflaufen konnte. Doch nun musste Streu wegen Leistenproblemen für den letzten Spielabschnitt auch auf Janne Kujala verzichten. Eine Vorsichtsmaßnahme, einem Einsatz in Essen am Sonntag sollte nichts im Wege stehen.

Doch dem Neuwieder Kampfesgeist und Herzblut hatten die Füchse auch im letzten Drittel nichts mehr entgegen zu setzen. Josh Myers spielte mit Loch im Kopf stärker auf als die Topscorer-Garde der Gäste – der US-Boy staubte in Überzahl zum viel umjubelten 4:2 ab (45.). Duisburgs Keeper Stefaniszin hatte den Puck zuvor nach einem Schuss nicht kontrollieren können. Und auf der Gegenseite hielt ein Björn Linda über 60 Minuten eine gute Klasse besser seinen Kasten sauber als der letztjährige Keeper der Kölner Haie.

Linda und die um jede Scheibe kämpfende Mannschaft überstanden so zahlreiche kritische Phasen – wie etwa eine zweiminütige doppelte Unterzahlsituation gegen das drittbeste Powerplay-Team der Liga. Auch, als Duisburg kurz vor Schluss den Keeper vom Eis nahm, ließ Neuwied keine brenzlige Situation mehr zu. „Werdet zur Legende, kämpfen bis zum Ende, für die Liga-Play-offs – EHC“ – diese von den EHC-Fans getextete Strophe hallte auch lange nach Spielschluss noch durch die Bärenhöhle, an einem durchaus denkwürdigen Abend.

„Gratulation an Neuwied“, sagte ein kurz angebundener Füchse-Trainer auf der anschließenden Pressekonferenz. „Der Gegner hat stark gespielt, mehr Zweikämpfe gewonnen und damit auch das Spiel verdient gewonnen.“ Sein Gegenüber Craig Streu freute sich über einen „sehr wichtigen Sieg im Kampf um die Play-offs. Das Spiel war klasse. Knackpunkt war sicherlich die doppelte Unterzahl, in der wir nichts zugelassen haben, weil die Jungs eine kämpferisch beeindruckende Leistung abgeliefert haben. Ich bin fast ein wenig sprachlos nach diesem Topspiel, in dem Duisburg wirklich gut gespielt hat, wir aber eben noch ein bisschen besser waren.“

EHC Neuwied: Linda (Köllejan) – Wengrzik, Ochmann, Erk, Zilkowski, Dennis Schlicht, Sven Schlicht, Pruden, Pantic – Fröhlich, Gibbons, Kujala, Paus, Hergt, Tegkaev, Lascheit, Myers, Köbele, Wasser, Schug.

Schiedsrichter: Benjamin Hoppe.
Zuschauer: 1006.

Tore: 0:1 Chad Niddery (7.), 1:1 Josh Myers (23.), 1:2 Markus Schmidt (32.), 2:2 Stephan Fröhlich (36.), 3:2 Artur Tegkaev (40.), 4:2 Josh Myers (45.).
Strafen: Neuwied 10, Duisburg 12.

Der Ausblick:
Sonntag, 18.30 Uhr: Moskitos Essen - EHC Neuwied

 

 

PM Neuwied / eishockey.net

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