Durch einen 5:4-Heimsieg hat sich der EHC Freiburg in seine Halbfinalserie gegen die Bietigheim Steelers zurückgekämpft. Die Wölfe liegen nun nur noch mit 1:2-Spielen zurück. Das nächste „Must-win-Game“ findet am Sonntag in Bietigheim statt
Zu den knapp 48 Stunden, in denen die Wölfe seit der Niederlage in Spiel 2 wussten, dass jedes weitere Spiel gegen Bietigheim ihr letztes dieser Saison sein könnte, kamen am heutigen Abend 21 Spielminuten dazu, die alles danach aussehen ließen, dass dies heute nun tatsächlich der letzte Auftritt des EHC in der Saison 2020/21 sein würde. Bietigheim hatte dank seiner zahlreichen schnellen Angriffe und dem Überbrücken der neutralen Zone, in der der EHC seinem Gegner weder die Zeit noch den Raum wegnehmen konnte (so Peter Russell nach dem Spiel) Freiburg einen 0:2-Rückstand und einen Spielverlauf eingebracht, dem die Wölfe zu diesem Zeitpunkt nicht viel entgegenzusetzen hatten. Doch durch ihr akribisches Arbeiten im Forechecking, das Wegstecken eines erneuten Zwei-Tore-Rückstands nach einem zwischenzeitlichen Anschlusstreffer und schließlich drei Toren im letzten Drittel - zwei Kontertoren und Christian Billichs „Game-Winner“ - haben sich die Wölfe mit einem furiosen Comeback am „Playoff-Leben“ gehalten.
1. Drittel - Bietigheim kontert… und kontert… und kontert
Den Bietigheim Steelers gelang es im ersten Drittel besser - und deutlich schneller - als dem EHC, die neutrale Zone zu überqueren und in das gegnerische Drittel vorzudringen. Das soll jedoch nicht heißen, dass die Wölfe nicht zu Chancen kamen - ein gefährlicher Pass von Scott Allen von jenseits der gegnerischen Torlinie bot eine dieser Szenen, an denen sich das EHC-Herz in dieser Saison des öfteren erfreuen konnte - Bietigheim tauchte einfach öfter und gefährlicher vor Enrico Salvarani auf als die Wölfe in ihrem Angriffsdrittel. Die Gäste zeigten dabei läuferische und spielerische Klasse und kamen insbesondere immer wieder durch Konter zu Torchancen. Die zweite dieser Aktionen führte in Form eines Abschlusses von C.J. Stretch schon früh zum 0:1 (4. Spielminute) - und nachdem Salvarani noch drei weitere Angriffe hatte entschärfen können, setzte Bietigheim obendrein mit einem immer besser werdenden Forechecking das Rudel weiter unter Druck.
Zur Mitte des Eröffnungsdrittels meldete sich dann aber auch der EHC eindringlicher vor dem Bietigheimer Tor. Dabei war es zunächst die dritte Reihe, die zunächst in Form des unermüdlichen Christoph Kiefersauer (dessen Angriffslust in Spiel 2 mit einem Tor belohnt worden war) und dann durch einen Abstauber von Marc Wittfoth nach einem weiteren Torschuss von Kiefersauer am Ausgleich kratzte (11./14.).
Zum Ausklang der ersten 20 Minuten griffen jedoch die Gäste auf ihr probates Mittel der Konterangriffe zurück. Dies brachte einen One-Timer von Robin Just (15.) und schließlich eine Doppelchance für die beiden Steelers herbei, die in Spiel 1 zusammen vier Tore erzielt hatten - gegen Robin Just und Norman Hauner konnte Salvarani aber mit zwei seiner 14 Saves in diesem Eröffnungsabschnitt das Rudel mit einem Ein-Tor-Rückstand in die erste Pause bringen.
2. Drittel - Ausgeglichenes Spiel mit zwischenzeitlichem Torreigen
Zunächst wiederholten sich im zweiten Drittel die Bilder der ersten 20 Minuten: Wie auch schon gleich zweimal in der Serie der Bietigheimer Konter zu Beginn des Spiels rückte in den Anfangssekunden des Mittelabschnitts Riley Sheen entschlossen ins Freiburger Drittel. Über die rechte Seite attackierend schlenzte der Linksschütze dabei nach nur 31 Sekunden die Scheibe an Enrico Salvarani zur Zwei-Tore-Führung der Gäste vorbei (0:2, 21.).
Freiburg versuchte es nun zunächst mit Distanzschüssen (Brückmann, 24.; Kiefersauer, 27.), kehrte dann aber auch zu Altbewährtem zurück - und wie sollte es anders sein, Allen aus seiner bekannten Position hinter der Torlinie fand dabei Andreé Hult am Torraum, von wo aus der Wölfe-Topscorer zum 1:2 verkürzte (27.). Vielleicht von diesem Treffer beflügelt erarbeitete sich nun das Freiburger Defensivspiel zwei Scheibenverluste des Gegners - Mosey in der Offensivzone und Ustorf im neutralen Drittel leiteten sich somit selber ihre eigenen Torchancen ein (27./28.).
Diesem vermeintlichen Wechsel des ominösen Momentums machte Bietigheim jedoch einen Strich durch die Rechnung, als es Brett Breitkreuz - ähnlich dem ersten Steelers-Treffer in Spiel 2 - gelang, seine körperliche Arbeit in Szene zu setzen. Heute glänzte der Deutsch-Kanadier aber auch mit seinen Stockfertigkeiten, indem er am Torkreis von Mosey und Pageau gestört auf C.J. Stretch ablegte, der mit seinem zweiten Tor des Spiels den alten Zwei-Tore-Abstand wiederherstellte (1:3, 30.).
Doch nun fand auch der EHC zu einer energischen Antwort: Scott Allen wiederholte seinerseits seine Arbeit am gegnerischen Torraum, mit der er ebenso Finesse zeigte - ihm gelang ein Bauerntrick, dessen Gültigkeit erst im Videobeweis ermittelt werden konnte (2:3, 32.), hatte nämlich das Getümmel am Bietigheimer Tor dafür gesorgt, dass das Gehäuse für den Bruchteil einer Sekunde aus seiner Verankerung gekommen war und die Scheibe scheinbar „durch“ das Tor gegangen war.
In der zweiten Hälfte des Mittelabschnitts tauschten zwischenzeitlich zwei Verteidiger Pfosten- bzw. Lattentreffer aus, als Nicolai Goc auf der einen und Nick Pageau auf der anderen Seite binnen einer Minute jeweils das gegnerische Torgehäuse trafen (34./35.).
Über die Frage, ob Freiburgs erster Treffer das Mometum gedreht hatte, lässt sich streiten - spätestens in den letzten fünf Minuten des zweiten Drittel zeigten sich die Wölfe aber, was die Spielanteile im gegnerischen Drittel angeht, mit den Steelers auf Augenhöhe. Freiburg etablierte sich nun des öfteren gut in der gegnerischen Zone. Somit ging ein Spiel zweier stark aufspielender Mannschaften berechtigterweise mit dem knappsten aller Abstände in die zweite Pause.
3. Drittel: Freiburg macht das Comeback klar
Im Schlussabschnitt erwischte erneut Bietigheim den besseren Start - Freiburgs Druckphasen gegen Ende des zweiten Drittels schienen wie vergessen, als die Steelers teilweise über längere Spielsequenzen hinweg die ersten drei Minuten des Drittels nahezu komplett in der Freiburger Zone verbrachten. Doch dann gelang es den Wölfen, einen Garanten des bisherigen Bietigheimer Erfolges für sich in Anspruch zu nehmen - denn man setzte einen Konter und glich in der Kombination von Chad Bassen und Evan Mosey auf 3:3 aus (44.).
Im folgenden erlebte das Spiel seine einzigen vier Powerplays (zwei auf beiden Seiten). Das erste Überzahlspiel der Wölfe fand nach etwas über einer Minute aber ein Ende, als Andreé Hult - wie sollte es anders sein, in einem Bietigheimer Konter - Alexander Preibisch nur mit einem Foul stoppen konnte, das wohl ebenso mit einem Penalty hätte geahndet werden können (47.).
Ein Freiburger Angriff zwischen diesen und den folgenden beiden Special-Team-Sequenzen ragte in dieser Spielphase heraus - es handelte sich um einen weiteren Konter, den Marc Wittfoth mit einem trockenen Schlenzer und somit der erstmaligen Freiburger Führung dieses Spiels beendete (4:3, 50.).
Als nun wieder ein Bietigheimer Powerplay einem Freiburger Überzahlspiel folgte, dauerte es jedoch nur 17 Sekunden bis Riley Sheen den Ausgleich wiederherstellte (4:4, 55.). Ein Spiel, das in den vergangenen Minuten nun an Härte gewonnen hatte, sah daraufhin Scott Allen und seinen Bietigheimer Kontrahenten Evan Jasper wegen übertriebener Härte auf die Strafbank gehen (57.). Kurz nach seiner Rückkehr aufs Eis setzte Allen dann jedoch zu seiner dritten zu einem Tor führenden Aktion am Bietigheimer Torraum an - seinem Durchsetzungsvermögen war es zu verdanken, dass der Puck letztlich durch das „Glück des Tüchtigen“ von dem ein oder anderen Schlittschuh aus vor Christian Billich landete, sodass dieser eine Minute und sieben Sekunden vor Ende der Partie Freiburg zum zweiten Mal - und nun endgültig - in Führung bringen konnte (5:4, 59.).
Fazit:
Darüber dass die Gäste im ersten Drittel auch viel höher hätten führen können (so Bietigheims Trainer Daniel Naud) und das Spiel völlig unter Kontrolle hatten (Peter Russell), waren sich beide Trainer einig. Den entscheidenden Faktor im sich dann über zwei Drittel hinweg drehenden Spielverlauf sah Russell im Forechecking seiner Mannschaft. Dieses habe „das Spiel gedreht“, so der Wölfe-Trainer nach dem Spiel. Während sich Bietigheim über die gesamten 60 Minuten hinweg als torgefährliche Mannschaft präsentierte, war jedoch in der Tat zu beobachten, dass die Anzahl der Konter bzw. dynamischen Angriffe der Gäste, bei denen sie im Eiltempo die neutrale Zone durchquerten, zur Mitte des Spiels abnahm.
In der Offensive zeigten sich die Wölfe in der zweiten Hälfte des Spiels ebenfalls bissiger (drei Tore entstanden im Zuge von Scott Allens Arbeit am Torraum) - und vielseitig: denn mit zwei Kontertoren im letzten Drittel machten sie einen Aspekt des Eishockeys zum Garanten ihres Erfolges, den sie in diesem Spiel in den ersten zwei Spielabschnitten noch nicht an den Tag gelegt hatten.
Und so sieht - nur 48 Stunden nach Spiel 2 - die Welt schon wieder ganz anders aus: Freiburg steht zwar immer noch mit dem Rücken zur Wand, sieht sich nun aber plötzlich dem knappsten aller Serienrückstände gegenüber. Spiel 4 - und somit das zweite von drei, die die Wölfe nun in Folge gewinnen müssen - findet am Sonntag um 17.00 Uhr in Bietigheim statt.