Zahlen lügen nicht, lautet eine landläufige Meinung. Aus diesem Grund gaben die Voraussetzungen vor dem Spiel am Dienstagabend gegen die Ice Dragons vom Herforder EV schon Anlass zur Sorge: fünftes Spiel in drei Tagen, nur vier einsatzfähige Verteidiger, lediglich 13 verfügbare Feldspieler. „Als ich vor dem Spiel das Line-up von Herford sah, dachte ich mir, das wird heute ein hartes Stück Arbeit“, so Bulls-Coach Riedel über die Aufstellung der Ostwestfalen, die mit vier kompletten Reihen an den Start gingen. „Und das war es auch, das hat man ja im ersten Drittel gesehen.“
In der Tat gehörten die ersten zwanzig Minuten den Gästen, während sich die Hausherren zu viele Scheibenverluste und Fehlpässe erlaubten. „Wir müssen verantwortungsbewusster mit der Scheibe umgehen“, mahnte Defender Jeroen Plauschin in der ersten Pause an, als man mit einem 0:1 in die Kabine ging. Zuvor nutzte Herfords Logan DeNoble die erste Strafe der Partie in der 14. Minute, um seine Farben per Rebound in Führung zu schießen. Allerdings nicht in Überzahl, vielmehr überwand der Kanadier Bulls-Goalie Sebastian Albrecht, der den Vorzug vor Timo Herden erhielt, per Shorthander – es war bereits der siebte Gegentreffer für die Bulls in numerischer Überlegenheit, in der Liga kassierte nur Tabellenschlusslicht Krefeld mit neun Shorthandern mehr Gegentore mit einem Mann mehr auf dem Eis.
Achter Shorthander der Saison
Der zweite Abschnitt begann leicht verspätet, musste doch zunächst das Netz des vom ehemaligen Bulls-Goalie Justin Schrörs gehüteten Dragons-Gehäuse repariert werden. Eine gute Entscheidung, wurden die Maschen doch im mittleren Abschnitt mehrfach auf ihre Reißfestigkeit getestet. Gleich fünfmal binnen zehn Minuten netzten die Bulls ein, drehten somit die Partie zu einer 5:1-Führung. „Ich bin sprachlos über unser zweites Drittel. Und dabei möchte ich es auch belassen“, so HEV-Coach Milan Vanek über das Mitteldrittel, in dem Thomas Merl (29.), Dennis Schütt (33.), Jeroen Plauschin (33.), Roman Pfennings (36.) und Patrick Schmid (39.) für die Bulls erfolgreich waren. Letztgenannter machte die Handvoll MEC-Treffer mit dem achten Shorthander der Saison voll, nur Ligaprimus Hannover Scorpions war bislang in Unterzahl erfolgreicher. „Wir haben den Faden verloren, haben heute viel zu viel individuelle Fehler gemacht“, so Vanek, während sein Pendant zurecht „von einem super zweiten Drittel“ seiner Mannschaft sprach, auch wenn sein Team in der 39. Minute noch den zweiten Gegentreffer hinnehmen musste.
Das finale Drittel wäre mit dem sechsten Bulls-Treffer des Abends durch Lukas Valasek zum schlussendlichen 6:2-Erfolg schnell erzählt und abgehandelt – gäbe es da nicht die 53. Spielminute, die für Irritationen, Fragen und nach Spielende auch für jede Menge Schriftverkehr und Zusatzmeldungen sorgte. Was war geschehen? Eine komprimierte Zusammenfassung: Ein Fehler des Referee-Gespanns führte dazu, dass ein (Ersatz-)Spieler zu wenig auf der Strafbank saß, als HEV-Kapitän Jonas Gerstung mit einer 2+2-Strafe auf das Sünderbänkchen geschickt wurde. Als der Fehler vonseiten der Schiedsrichter als auch des Kampfgerichtes bemerkt wurde, was es bereits zu spät: Gerstung verließ zu früh die Strafbank und leitete mit einer Vorlage den vermeintlichen dritten Ice-Dragons-Treffer ein – obwohl er (noch) gar nicht hätte auf dem Eis stehen dürfen.
Es folgten Minuten der Aufarbeitung der Szene, sowohl das Schiedsrichtergespann, das Kampfgericht als auch beide Teams standen in regem Austausch und dröselten die Situation auf, die Partie wurde nach Annullierung des Treffers fortgesetzt. Und genau deswegen muss und soll an dieser Stelle sowohl dem gestreiften Quartett als auch den Ice Dragons Respekt gezollt werden, gab es doch im Anschluss keinerlei Vorwürfe oder gar Ideen eines Protestes. „Im ersten Drittel waren wir gut dabei. Aber wenn man hier mit vier Reihen ankommt, dann bin ich (vom Ergebnis) absolut enttäuscht“, so Vanek über die fünfte Pleite beim fünften Auftritt des HEV im Sparkassen-Eisdom. „Halles Qualität hat unsere vier Reihen geschlagen.“