Dieses Spiel gebucht zu haben, werden die Stream-Zuschauer sicher nicht bereuen. Es hatte alles: Spannung, Dramatik, Verfolgungsjagden, ein Comeback, packende Wendungen, jede Menge Tore, verrückte Szenen und letztendlich ein Happy End für den ECH.
Dabei begann alles ganz harmlos. Für den etwas angeschlagenen Zabolotny übernahm Schaffrath im Tor und Fiedrich den Platz auf der Bank. Auch bei Hamm stand mit Marvin Nickel der nominell zweite Torhüter zwischen den Pfosten. Das erste Drittel spielten beide Teams sehr konzentriert und vor allem defensiv stark. Auch die Eisbären, deren Defensivleistung gewöhnlich eines der Sorgenkinder ist. Es dauerte bis zur 19. Minute bis der erste Treffer des Abends fiel – oder besser gesagt: auf der Anzeigetafel stand. Denn nach mehrmaliger Videoanalyse konnten die Zuschauer in der Wiederholung sehen, dass der Puck lediglich am Pfosten war. Da es jedoch keinen Videobeweis in der Eishockey-Oberliga gibt, stellte Parker Bowles den Spielstand auf 1:0. Mit der Schlusssekunde hatte Bowles beinahe noch das zweite Tor auf der Kelle, kam aber bei viel Verkehr vor dem Tor nicht durch.
Im zweiten Drittel ging es dann Schlag auf Schlag. Wer sich nur ein Bier aus dem Kühlschrank holen wollte, verpasste nahezu garantiert ein Tor. Die erste Überzahl des Abends für die Indians nutzte Maxi Pohl dann in der 24. Minute endlich für das 2:0, Michael Burns legte in der 26. Minute mit einem schönen Rückhandtreffer mit dem 3:0 nach. Wer jetzt jedoch dachte, das Spiel sei damit durch, irrte. Der schwedische Eisbär Andreas Valdix, der als dritter Ausländer heute den Vorzug vor seinem Teamkollegen Milan Svarc bekommen hatte, brachte Hamm in der 27. Minute mit dem 3:1 wieder ins Spiel. In der 28. Minute konnte dann der ehemalige DEL-Spieler Kevin Ordendorz eine der vielen Überzahl-Situationen für die Gäste nutzen und erzielte im Powerplay den 3:2-Anschlusstreffer. Die Hausherren zeigten sich aber nur wenig verunsichert, so legte Robby Hein in der 29. Minute mit dem 4:2 nach. Kurioser Weise war es wieder Parker Bowles über dessen Tor in der 31. Minute diskutiert werden musste. Denn der Treffer zum 5:2 wurde erst nicht anerkannt, nach einigen Diskussionen entschied das Schiedsrichtergespann dann jedoch doch auf Tor. Die richtige Entscheidung – wie die Aufnahmen der Kameras zeigten. Nickel schien sich bei der Szene jedoch etwas verletzt zu haben. An der Bande ließ er sich von den Johannitern versorgen und bekam einen Verband an seiner Stockhand angelegt. Sebastian May begann schon mit leichten Aufwärmübungen, aber für den jungen Nickel ging es weiter. Ebenso mit dem munteren Toreschießen. Die letzten Minuten des Spielabschnitts gehörten ganz klar den Eisbären. Wie im Rausch markierte Ex-Indianer Tobi Schwab in der 35. Minute das 5:3, Valdix nutzte ein erneutes Überzahlspiel in der 36. Minute zum 5:4 und dass, obwohl beim Schuss sein Schläger brach. In der 38. Minute schaffte es Spacek dann sogar nach einem zweimaligen drei-Tore-Rückstand mit dem 5:5 auszugleichen und exakt eine Sekunde vor Drittelende brachte Orendorz Hamm mit einem großartigen Solo, bei dem Torhüter Nickel sogar einen Assist verbuchen konnte, tatsächlich in Führung. Zehn Tore in 20 Minuten, das musste beim Pausentee erst einmal verdaut werden.
Das dritte Drittel zeigte sich dann wieder komplett anders, als die ersten beiden Drittel – als hätte man Tickets für gleich drei Filme bekommen. Die Eisbären hätten auf diesen Kurzfilm aber wohl lieber verzichtet. Denn erst glich Thore Weyrauch in der 46. Minute mit dem 6:6 aus, bevor Brett Bulmer die Indians in der 52. Minute mit dem 7:6 erneut in Führung brachte. Die Aufholjagd im zweiten Spielabschnitt hatte die Eisbären anscheinend zu viel Kraft gekostet. In der 55. Minute nutzten die Indians dann ihr zweites Überzahlspiel des Abends für den nächstes Treffer. Bulmer zog die Verteidiger auf sich, zwang den Torwart zu Boden, passte dann aber zu Bacek, der in den Slot vorgestoßen war, anstatt selbst zu schießen und dieser schob zum 8:6 ein. Gut drei Minuten vor Spielende fand dann bei den Gästen noch ein zwangsläufiger Torwartwechsel statt. Es schien so, als sei die Kufe von Marvin Nickel gebrochen, denn sein Teamkollege Pascal Kröber half dem jungen Goalie auf nur einem Bein stehend zur Bande. So kam May nun doch noch zu einem Einsatz. Die letzten 185 Sekunden überstand der neue Hammer Schlussmann dann ohne Gegentreffer. So stand es nach Abpfiff der Partie 8:6. Dabei hätten sogar noch mehr Tore fallen können – beide Teams trafen gleich mehrfach nur die Latte oder den Pfosten.
Hamms Trainer Ralf Hoja zeigte sich in der nacfolgenden Pressekonferenz angefressen. Nicht von der Moral und kämpferischen Leistung seiner Truppe, sondern davon, dass diese für ihre Mühen nicht belohnt wird. Erst am Freitag gegen Erfurt wurde den Eisbären ein regulärer Treffer aberkannt und heute wurde ein Tor gegen Hamm gegeben, das eigentlich keins war.
Für die Trainer gibt es nach dieser Partie sicher reichlich Gesprächsbedarf – die Zuschauer hingegen dürften relativ sprachlos sein. Aber keine Zeit zum Verschnaufen: Denn das nächste Spiel unserer Indians findet schon wieder am Dienstag statt, wenn um 20 Uhr der Krefelder EV 1981 zu Gast ist.