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Interview mit Jan Guryca

Þ03 März 2016, 16:00
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Neben dem Profisport hat er sich entschieden für seine Zukunft nach der Karriere vorzusorgen und eine Ausbildung zu beginnen. Das bedeutet Entbehrungen für alle Beteiligten. Doch Jan ist sich sicher, dass dies der richtige Weg ist. Im Interview spricht er über seinen Hammer-Alltag, die Mehrfach-Belastung und die Wichtigkeit, auch als Profisportler schon früh für „ein Leben danach“ vorzusorgen.

Jan, du hast drei Fulltime-Jobs: Familienvater, Eishockeyprofi und du machst eine Ausbildung. Wie bekommst du das alles unter einen Hut?

Es sind wirklich drei Fulltime-Jobs und es ist echt viel. Da bleibt natürlich auch manchmal etwas auf der Strecke. Wenn ich beim Training bin, kann ich nicht in die Schule gehen oder ins Büro. Aber alle Parteien, die daran beteiligt sind – meine Familie, der Ausbildungsbetrieb, die Schule und der EC Bad Nauheim – nehmen sehr viel Rücksicht und unterstützen mich, auch wenn alle Entbehrungen hinnehmen müssen, weil ich nicht den ganzen Tag im Büro oder viel früher beim Training sein kann. Dadurch, dass alle mir den Rücken stärken, insbesondere meine Familie, klappt das trotzdem sehr gut und macht mir enorm viel Spaß.

Was für eine Ausbildung machst du?

Ich mache eine Ausbildung zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzen bei FinanzAktiv. Das ist sehr praktisch, denn sie haben ihren Sitz direkt im Sprudelhof in Bad Nauheim. Also sind die Wege dementsprechend kurz. Ich selbst bin da schon sehr lange Kunde und FinanzAktiv ist auch Sponsor beim EC Bad Nauheim. Sie kennen meine Rahmenbedingungen und haben für mich sehr viel Verständnis. FinanzAktiv macht viele Abstriche, insbesondere bei der Anwesenheitszeit und dafür bin ich unendlich dankbar. Die beiden Geschäftsführer Patrick Schmitt und Frank Kesper verstehen mich und meine Situation und ohne die Jungs wäre das alles nicht möglich.

Wie sieht eine typische, vermutlich ziemlich eng getaktete, Arbeitswoche bei dir aus?

Montags habe ich Schule, da muss ich um acht Uhr in Gießen sein. Das ist manchmal ein bisschen hart, wenn wir sonntags Auswärtsspiele haben und spät – oder früh (lacht) – nach Hause kommen. Von da aus fahre ich um 13 Uhr direkt ins Büro und bleibe bis circa 18 Uhr. Dann habe ich ein paar Stunden mit meiner Familie, weil wir montags immer trainingsfrei haben.

Dienstags früh geht’s ins Fitnessstudio, da trainieren wir erst mit der Mannschaft und fahren dann zum Eistraining ins Stadion. Von da aus geht es ins Büro und abends noch mal auf´s Eis.

Mittwochs habe ich wieder um acht Uhr Berufsschule. Zum Glück haben wir es da so abgeklärt, dass die Schule mich teilweise freistellt fürs Training. Ich muss den Stoff natürlich dann selbstständig nachholen. So kann ich um zehn wieder ins Eisstadion zum Training fahren. Danach geht es für mich ins Büro und abends gebe ich um 18 Uhr zum Nachwuchstorwart-Training für Kinder.

Donnerstags fahre ich vormittags um acht erst ins Büro, dann zum Training und anschließend wieder ins Büro.

Freitags, samstags und sonntags variiert der Plan ein bisschen, je nachdem ob wir ein Heim- oder Auswärtsspiel haben. Wenn ich freitags im Kader bin und wir zu Hause spielen, dann bin ich erst beim Training, dann im Büro und abends beim Spiel.

Samstag ist mein einziger, naja freier Tag kann man das nicht nennen, aber ich gehe nur zum Training ins Eisstadion. Wenn dann noch etwas unter der Woche liegen geblieben ist, fahre ich manchmal auch ins Büro.

Sonntags geht es dann meist zum Auswärtsspiel. Und danach fängt alles wieder von vorne an. Das einzige was wirklich hart ist, ist dass ich keinen richtigen freien Tag habe. Aber sobald die Saison vorbei ist, ändert sich das auch ein bisschen.

Das Training nimmt natürlich einen großen Stellenwert ein. Wie bist du überhaupt zum Eishockey gekommen – speziell zum EC Bad Nauheim?

Wir haben anfangs in Frankreich und der Schweiz gelebt. Da habe ich auch mit dem Spielen angefangen. Mein Vater war Eishockeytrainer und vorher auch Spieler, unter anderem in Bad Nauheim. Meine Mutter ist Bad Nauheimerin und als wir wieder hierher zurückkamen, war dann klar, dass ich weiter hier spiele. Natürlich kann man nicht ahnen, dass man dann einmal Profi wird – höchstens träumen. Das entwickelt sich dann. Ich war zwischenzeitlich zwei Jahre in Kanada und habe da trainiert und bin zur Schule gegangen. Und mit ein wenig Glück bin ich dann relativ zeitig in die erste Mannschaft in Bad Nauheim gerutscht. Anfangs war ich noch „Halbprofi“ und habe mein Abitur fertig gemacht und dann hat sich der Rest ergeben. Zwischendurch habe ich gewechselt und viele Erfahrungen gesammelt. Insgesamt war ich 15 Jahre weg, bis ich dann vor zwei Jahren wieder nach Bad Nauheim gekommen bin.

Was würdest du Jugendlichen raten, die Profisportler werden wollen?

Sich das Ziel zu setzen ist toll, aber man muss sehr viel investieren und nicht zuletzt auch ein bisschen Glück haben. Viele haben den Traum vom Profisport, aber nur wenige können den Job bekommen. Ich habe selbst früher oft genug gehört – „denk an deine Karriere, denk an das, was danach kommt“. In meiner jetzigen Situation kann ich nur sagen, dass der Spruch vielleicht doof klingt, aber es ist der beste Rat. Als Sportler macht man erst einmal das, was einem Spaß macht.

Was kann es Besseres geben, als sein Hobby zum Beruf zu machen? Noch dazu verdient man relativ gutes Geld – natürlich kann man Eishockey nicht mit Fußball vergleichen – aber für das Alter hat man schon ein gutes Gehalt. Dadurch unterschätzt man vielleicht, dass es auch ein Leben nach dem Profisport gibt. Deshalb kann ich nur jedem raten, auch allen, die keine Profisportler sind, an die eigene Zukunft zu denken und einen Schulabschluss und eine Ausbildung oder ein Studium zu machen. Denkt darüber nach, was ihr machen wollt und denkt nicht nur - macht es auch!

Was sind die Erfolge, auf die du stolz bist?

Ich habe zwei wundervolle, gesunde, tolle Töchter und eine tolle Frau, die mich unterstützt – darauf bin ich auf jeden Fall am meisten stolz. Sportlich habe ich in der höchsten deutschen Spielklasse gespielt und bin in Straubing bis ins Halbfinale gekommen. Das ist ein toller Erfolg. Aber ich bin auch stolz darauf, dass ich nach Hause zurückkommen durfte und vermutlich in Bad Nauheim meine Karriere beenden darf. Das ist sicherlich nicht selbstverständlich.

Und beruflich? Wann bist du mit deiner Ausbildung fertig?

Ich glaube, dass ich auch beruflich ganz gute Arbeit leiste. Ich habe gute Noten und werde meine Ausbildung wohl auf zweieinhalb Jahre verkürzen können. Das heißt Ende 2017 bin ich damit voraussichtlich fertig und dann hoffentlich Eishockeyspieler und Kaufmann für Versicherungen und Finanzen.

Am 9. März richtet der EC Bad Nauheim eine Ausbildungsbörse aus. Bist du auch dabei und gibst Tipps?

Meine Teamkollegen und ich werden abwechselnd vor Ort sein und gerne mit den Jugendlichen über Eishockey reden. Natürlich dürfen mir dann gerne auch Fragen zu meinen verschiedenen Tätigkeiten gestellt werden. Tipps geben können die verschiedenen Ausbildungsbetriebe, die sich bei uns vorstellen, aber sicherlich selber am besten. Die wissen ja genau, wie die einzelnen Ausbildungen ablaufen.

Die Arbeitsagentur gibt auch hilfreiche Hinweise für die Bewerbungsunterlagen. Denn das Bewerben steht ja immer am Anfang. Nach meiner Erfahrung kann ich den Jugendlichen raten: Kommt vorbei und schaut Euch erstmal an, was es gibt und findet etwas, wofür Ihr Euch interessiert. Sucht Euch etwas aus, was Euch gefällt und wofür Ihr Euch begeistern könnt. Denn nur dann kann man leidenschaftlich arbeiten und auch einmal schwierige Phasen überstehen und geht langfristig gerne zur Arbeit. Das ist, denke ich, eine der besten Voraussetzungen auf einen guten Ausbildungsplatz.

 

eishockey.net / PM Bad Nauheim

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Nützliches zur DEL 2

 

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