Die Tampa Bay Lightning sind der Stanley Cup Champion 2020. Sie gewannen die Finalserie gegen die Dallas Stars in Edmonton mit 4:2. "Wir bringen den Cup heim", sagte Verteidiger Victor Hedman. "Ich bin Teil dieser Organisation seit elf, zwölf Jahren. Es war ein großartiger Ritt. Den Cup zu gewinnen, ist nicht einfach … Es wird ein paar Wochen, vielleicht Monate dauern, bis es realisiert wird. Ich kann es kaum erwarten, ihn über meinen Kopf zu stemmen."
Endlich, werden nicht nur die Fans sagen, denn jeder, der diesen Sport und die NHL objektiv betrachtet, wird zu der Erkenntnis kommen, dass es sich diese Organisation, Hedman, Steven Stamkos und Trainer Jon Cooper redlich verdient haben, ganz oben angekommen zu sein. Wieso? Wir wollen einen kleinen Abriss geben und Fakten liefern.
2004 gewannen die Lightning erstmals in ihrer Geschichte den Stanley Cup. Größen wie Dave Andreychuk, Vincent Lecavalier, Martin St. Louis und Brad Richards waren damals die Leistungsträger der Mannschaft, die aber in der Folgezeit immer seltener eine Rolle spielte.
Der Aufbau einer neuen, leistungsfähigen Mannschaft begann praktisch mit den NHL Draft 2008, als die Lightning an erster Stelle den heutigen Kapitän Stamkos und ein Jahr später im NHL Draft 2009 an insgesamt zweiter Stelle Verteidiger Hedman wählten. Heute zwei Leistungsträger von Tampa Bay, wenngleich Stamkos seit Februar verletzungsbedingt lediglich zu einem Kurzeinsatz in Spiel 4 des Stanley Cup Finales kam und sich seine Rolle als Leader vor allem im Hintergrund abspielte.
"Beide sind am längten hier und sie leisten so viel für diese Mannschaft in all diesen Jahren", erzählte Trainer Jon Cooper über Hedman und Stamkos. "Keiner hat es sich mehr verdient als diese beiden. Es ist so beeindruckend zu sehen, wie sie über diese Jahre gewachsen sind."
Im Jahr 2010 wurde die verantwortliche Leitung der Lightning auf neue Beine gestellt, indem Steve Yzerman General Manager und Julien BriseBois dessen Stellvertreter wurde. Beide bauten ein neues leitungsfähiges Team auf. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt verpflichtete BriseBois Trainer Cooper für das AHL-Farmteam der Norfolk Admirals. Cooper wurde 2013 zum Trainer der Lightning befördert und BriseBois nach dem Abgang Yzermans nach Detroit im Jahr 2018 zum General Manager.
BriseBois verpflichtete in seiner Amtszeit wichtige Spieler und teilweise heutige Leistungsträger wie J.T. Brown, Anthony Cirelli, Yanni Gourde, Radko Gudas, Tyler Johnson, Alex Killorn, Nikita Kucherov, Ondrej Palat, Cedric Paquette, Andrej Sustr und Andrei Vasilevskiy.
Nachdem sich die Lightning 2012 und 2013 nicht für die Stanley Cup Playoffs qualifizieren konnten, gehören sie seit der Saison 2013/14 zu den Titelanwärtern, zunächst als Geheimfavorit, doch spätestens seit 2015 zu den klaren.
2014 scheiterten die Lightning noch in der ersten Runde an den Montreal Canadiens in vier Spielen, doch schon 2015 erfolgte der Gewinn der Eastern Conference und der Einzug in das Stanley Cup Finale gegen die Chicago Blackhawks. Trotz einer 2:1-Führung in der Serie unterlag Tampa Bay schließlich nach sechs Spielen. Es wurde klar, dass mit den Lightning in den kommenden Jahren weiter zu rechnen sei.
2016 und 2018 stand Tampa Bay jeweils im Eastern Conference Finale und unterlag beide Male in sieben Spielen dem späteren Titelgewinner, 2016 den Pittsburgh Penguins und 2018 den Washington Capitals. Das Jahr 2017 dazwischen war ein Schock, als die Playoffs in einer von Verletzungen gespickten Spielzeit knapp um einen Punkt verpasst wurden. Trotzdem hielten die Lightning an Cooper als Trainer fest und hatten im folgenden Jahr, wie erwähnt, wieder Erfolg, aber noch nicht den gewünschten.
Die Krönung war die reguläre Saison 2018/19, als die Lightning mit 62 Siegen in 82 Spielen den NHL-Rekord für die meisten Saisonsiege einstellten und mit 128 Punkten und 21 Vorsprung, überlegen die Presidents' Trophy gewannen. Kaum jemand hatte einen Zweifel am Durchmarsch des Teams zum Stanley Cup, ehe zwischen dem 10. und 16. April 2019 die große Ernüchterung folgte.
Zum ersten Mal in der Geschichte der NHL scheiterte das punktbeste Team der regulären Saison in der ersten Runde nach nur vier Spielen. Die Columbus Blue Jackets gewannen die Serie glatt mit vier Siegen. Die Lightning führten nach dem ersten Drittel in Spiel 1 mit 3:0 und unterlagen am Ende mit 3:4. Das Unheil nahm seinen Lauf und konnte nicht mehr aufgehalten werden. Häme und Spott musste Tampa Bay hinnehmen, doch eine Ablösung von Cooper war weiterhin kein Thema.
"Wir haben so viel durchgemacht im letzten Jahr und wurden bereits als Gruppe abgeschrieben", verdeutlichte Stamkos. "Wir waren einfach nur fokussiert, das zu ändern und haben es unter besonderen, schwierigen Umständen geschafft und jetzt gewonnen. Das bedeutet uns so viel."
Diese Saison begannen die Lightning eher verhalten. Es schien fast so, als ob sie ihr Pulver nicht wieder zu früh verschießen wollten. Eine Strategie, wenn sie denn eine war, die aufging. Zum Zeitpunkt der Unterbrechung der Saison am 12. März wegen Bedenken anlässlich der COVID19-Pandemie war die direkte Qualifikation für die Playoffs als die Mannschaft mit der zweitbesten Punktequote im Osten hinter den Boston Bruins zumindest geschafft.
"Es ist einfach jetzt hier zu sitzen", sagte Cooper. "Aber ich bin überzeugt davon, dass es zum Siegen dazu gehört, vorher zu scheitern. Man macht in diesen Phasen so viel durch und am Ende pusht es dich wieder neu anzugreifen und deine Sehnsucht nach Erfolg wird dabei immer größer."
Auch ohne ihren Topstar Stamkos, der sich im Februar verletzte und im März operiert werden musste, bahnten sich die Lightning mit dem Beginn der Stanley Cup Qualifikation am 1. August ihren Weg zum Triumph, der bezeichnenderweise in der ersten Runde über Columbus führte. Der 3:2-Sieg in der fünften Verlängerung von Spiel 1 war bereits ein Wegweiser. Obwohl die Serie in fünf Spielen zugunsten von Tampa Bay entschieden wurde, war sie hart umkämpft, doch das Gespenst des erneuten Scheiterns wurde erfolgreich verjagt.
"Klar war das im letzten Jahr bittere Erfahrung und man weiß nie, wie es weitergeht", betonte Verteidiger Ryan McDonagh. "Wir kommen in die Blase und dann geht es wieder gegen Columbus. Doch wir haben die Aufgabe angenommen und gerade Spiel 1 in der fünften Verlängerung gegen sie gewonnen zu haben, zeigte uns, dass wir in diesem Jahr alles erreichen können."
"Wenn wir das nicht gewonnen hätten, dann wäre vielleicht einiges anders gelaufen", bekannte auch Cooper. "Es hätten sich wahrscheinlich Zweifel eingeschlichen."
Der vorjährige Finalist Boston wurde auf der Reise ins Stanley Cup Finale in fünf Spielen und die New York Islanders im Conference Finale in sechs Spielen besiegt. Auch die Dallas Stars fanden in sechs Spielen schließlich kein Mittel, die Lightning ernsthaft in Gefahr zu bringen.
Tampa Bay ist damit endlich am lange ersehnten Ziel.
"Dieses Jahr war einfach unsere Zeit", sagte Stürmer Alex Killorn und hat Recht. "Wir haben so viel durchgemacht. Mit diesen Ereignissen, die wir erlebt haben, bedeutet es uns so viel mehr."