Während der Saison 2018/19 wird das Team von NHL.com/de jeden Freitag in der Rubrik "Writer's Room" wichtige Themen der Liga diskutieren und analysieren. In dieser Ausgabe: Warum neue Namen unter den Verteidigern das Geschehen dominieren und ob dieser Zustand anhält?
Erik Karlsson, Drew Doughty, Brent Burns und P.K. Subban sind Namen, die in der Scorerliste der Verteidiger ganz oben zu erwarten sind. Doch nur Burns von den San Jose Sharks steht derzeit mit 29 Punkten auf einer Top-5-Platzierung, und das obwohl ihm, der ansonsten als treffsicher gilt, bisher nur vier Tore gelangen.
Schaut man sich die Torjägerliste der Blueliner an, dann führt Matt Dumba von den Minnesota Wild mit zehn Treffern, vor Morgan Reilly von den Toronto Maple Leafs mit neun, gefolgt von Kris Letang von den Pittsburgh Penguins und Thomas Chabot von den Ottawa Senators mit sieben. Chabots Teamkollege Maxime Lajoie und Aaron Ekblad von den Florida Panthers teilen sich mit jeweils sechs Toren Platz fünf.
Lediglich Roman Josi und John Carlson sind mit jeweils fünf Saisontreffern als übliche Verdächtige vorne mit dabei. Um Karlsson, Doughty und Subban zu finden, muss man in der Liste weit nach unten scrollen, ehe sie mit jeweils zwei Saisontoren auftauchen.
Woran liegt es, dass angestammte Offensiv-Verteidiger Ladehemmung haben, obwohl in der NHL mehr Tore erzielt und offensiver gespielt wird? Die Redakteure von NHL.com/de teilen hierzu ihre Meinung:
Robin Patzwaldt: Ich würde diese Statistiken grundsätzlich nicht überinterpretieren. Die Anzahl der gespielten Begegnungen seit Saisonstart ist aus meiner Sicht einfach noch nicht groß genug, um hierzu eine wirklich belastbare Aussage treffen zu können. Ein Stück weit sehe ich den Zufall am Werk.
Will man in dieser Frage jedoch etwas spekulieren, dann spielt es natürlich eine Rolle, dass die Spieler in der Liga immer jünger und schneller werden. Da sind Veränderungen in der Scorer-Rangliste in allen Mannschaftsteilen zu erwarten. Dass es sich hierbei jedoch um eine dauerhafte Trendwende handelt, würde ich mich nicht zu behaupten trauen. Die Saison ist noch lang. Selbst wenn es am Ende der Spielzeit noch immer der Fall sein sollte, dass neue Namen ganz oben stehen, dann wäre der Zeitraum der Betrachtung noch immer viel zu kurz.
Alexander Gammel: Zum einen hat die Spielweise, die sich ständig verändert sicherlich einen Einfluss. Wenn das Spiel schneller wird, bevorzugt andere, offensivere Systeme gespielt werden, kommen andere Stärken mehr zum Tragen, als in den letzten Jahren. Man muss sich aber auch anschauen, bei welchen Teams die Torjäger unter den Verteidigern spielen. Dumbas zehn Tore sind außergewöhnlich, auf 82 Spiele hochgerechnet, käme er am Saisonende auf 30 Treffer. Diese Marke hat in den letzten 25 Jahren nur Mike Green erreicht.
Die Wild hatten auch insgesamt eine starke Phase. Dumbas Verfolger Rielly, Chabot und Lajoie spielen bei den Toronto Maple Leafs und den Ottawa Senators, die mit 106, beziehungsweise 102 Toren unter den vier offensivstärksten Mannschaften der Liga stehen. Wenn insgesamt das Angriffsspiel in der Mannschaft funktioniert, fällt es auch einzelnen Spieler leichter Tore zu schießen. Bei Doughtys Kings fallen in dieser für sie enttäuschenden Saison insgesamt wenige Tore und Erik Karlsson kam erst im September zu den Sharks. Er ist in der Situation, sich erst bei einem neuen Team und in einem neuen System zurechtfinden zu müssen. Insoweit ist es nicht außergewöhnlich, wenn er noch nicht imstande ist seine Höchstleistung abzurufen.
Christian Göbel: Die Frage, die sich mir stellt ist, ob die Verteidiger, die wir an der Spitze erwarten, hinter den Leistungen der letzten Spielzeiten zurückbleiben, oder andere Defensivspieler einfach herausstechen. P.K. Subban steht bei zwei Treffern, hochgerechnet auf die gesamte Saison wären das knapp zehn Tore. Diese Marke knackte er bisher erst viermal in seiner zehnjährigen NHL-Karriere. Seine Scorerpunkte auf das gesamte Jahr hochgerechnet ergeben 55, nur vier weniger als in der vergangenen Spielzeit.
Wie Alexander schon aufgezeigt hat, ist die Leistung Dumbas herausragend und überschattet die der anderen Verteidiger. Selbst wenn die Punkteausbeute wie bei Karlsson hinter den Erwartungen zurück liegt, so lässt sich dies begründen. In seinem Fall, wie von Alexander schon ausgeführt, durch das neue System und die neue Rolle im neuen Team. So viel Veränderung kann auch einen Top-Spieler etwas zurückwerfen.
Stefan Herget: Robins Meinung, dass ein Stück weit der Zufall eine Rolle spielt, kann ich überhaupt nicht teilen. Da erscheinen mir die Beiträge von Alexander und Christian schon einleuchtender. Ich denke aber auch, dass wir uns generell in einer Zeitenwende befinden und Spieler wie Karlsson und Doughty nicht mehr das Maß der Dinge sind, sondern jungen aufstrebenden Verteidigern wie Morgan Reilly, Aaron Ekblad oder auch in den kommenden Jahren Rasmus Dahlin von den Buffalo Sabres die Zukunft gehört.
Karlsson, dessen Spielweise mir persönlich noch nie zugesagt hat, weil er häufig zu viel Offensive gezeigt und dabei seine Defensivaufgaben vernachlässig hat, hätte das Angebot seines Ex-Klubs Ottawa Senators annehmen sollen, die ihn mit einem langfristigen Vertrag auszustatten gedachten, denn es ist fraglich, ob er im kommenden Sommer einen gleichwertigen Abschluss bekommt, wenn seine Saison bei den San Jose Sharks weiterhin so mau verläuft.
Robin hat aber Recht, dass noch genug Spiele zu absolvieren sind, wodurch sich das Bild etwas verschieben könnte. Subban absolvierte zum Beispiel erst 18 Spiele in dieser Saison. Er bestritt seine letzte Partie am 13. November. Ich bin mir sicher, er wird nach seinem Comeback wieder fleißig punkten und in der Rangliste aufholen.