Es musste ja so kommen. Als wären die zurückliegenden Tage nicht schon bewegend genug gewesen. Ausgerechnet Janne Kujala machte das 1:0 beim am Ende souveränen 6:1-Heimsieg des EHC Neuwied in der Oberliga Nord gegen die Black Dragons Erfurt. Hätte jemand ein Drehbuch gereicht mit dieser Story, man hätte vermutlich die Augen verrollt. Zu kitschig. Lass gut sein. Doch das hier war kein Drehbuch, es war die wunderbare Realität.
Bärencoach Craig Streu konnte im so wichtigen Heimspiel gegen Erfurt 22 Spieler aufbieten. Dominik Lascheit lief für die Roten Teufel auf, Thomas Ziolkowski ist noch verletzt, Moritz Schug war krank. Mit gleich vier Akteuren vom Kooperationspartner Bad Nauheim (Spöttel, Müller, Pantic, Pruden) und drei von den Jungadlern Mannheim (Keil, Wengrzik, Butasch) konnte der EHC mit vier kompletten Reihen auflaufen. Entsprechend hoch hielten die Gastgeber von der ersten Minute an das Tempo.
Neuzugang Janne Kujala ließ Streu zunächst an der Seite von Brian Gibbons und Josh Rabbani stürmen. Der Deutsch-Finne war nachts um drei Uhr aufgestanden, mittags in Frankfurt gelandet. Auf dem Flug ging die Tasche mit den Schlägern verloren - es gibt kaum einen sensibleren Gegenstand, den ein Eishockeyspieler verlieren kann. Nachmittags wurden neue Schläger besorgt, Kujala noch beim Modemarkt Adler eingekleidet, bevor er am Abend ohne gemeinsame Trainingseinheit mit seinem neuen Team auf das Eis ging. Und da war schon der Einlauf ein erster Gänsehautmoment: Kujala wurde als letzter Spieler aufgerufen und von den mehr als 1300 Bärenfans lautstark und äußerst emotional empfangen. Da kam einer wieder nach Hause. Unüberhörbar.
Als das nächste Mal der Name des Rückkehrers durch das Icehouse schallte, da hatte er gerade auf Vorarbeit von Gibbons und Rabbani das 1:0 erzielt (14.). Der Blick für die Lücke, der trockene Schuss - viel hat er nicht verlernt seit seinem letzten Engagement in der Deichstadt. „Das sind genau die Momente, in denen unsere vielen jungen Spieler von ihm lernen können“, sagte Streu. „Er hat die Scheibe nur für einen Bruchteil einer Sekunde am Schläger, und kurz danach zappelt sie im Netz.“
Kujala fügte sich nahtlos ein in ein funktionierendes Kollektiv, in eine Mannschaft, die vor Spielfreude sprühte. Bei keiner der vier Reihen, die da auf dem Eis standen, ebbten Spielfreude oder Leidenschaft ab. Am Ende sollten sechs verschiedene Spieler die Tore machen. Erfurt kam nie wirklich ins Spiel, konnte sich nur vereinzelt Torchancen erarbeiten. Die waren dann zwar auf Anhieb hochklassig, aber ein erneut in Bestform spielender Björn Linda hatte den Plan, an diesem Abend einfach keinen Gegentreffer zuzulassen.
Auf der Gegenseite wurden hingegen weiter fleißig Tore geschossen: Dominik Ochmann hämmerte die Scheibe an den Innenpfosten, Stephan Fröhlich traf im Nachschuss zum 2:0 (18.) - so stand es auch nach 20 Minuten. Im zweiten Drittel beseitigten die Bären letzte Zweifel am Heimsieg. Josh Myers besorgte früh das 3:0 (21.). Brian Gibbons legte in Überzahl das 4:0 nach (34.). Und beim Treffer zum 5:0 hinterließ Artur Tegkaev staunende Gesichter auf dem Eis und der Tribüne, als er die Scheibe volley in die Maschen beförderte (40.). Ein Zufall war das freilich nicht, im Training hatte er das zuletzt schon öfters probiert.
Im dritten Drittel belohnte sich Verteidiger Dominik Ochmann für seinen Offensivdrang. Nachdem er beim Fröhlich-Treffer nur den Innenpfosten und im zweiten Drittel nur das Gestänge des Torwinkels getroffen hatte, machte auch er seine Bude und erhöhte in Überzahl auf 6:0. Einziges Ärgernis an einem rundum gelungenen Eishockeyabend: Björn Linda musste vier Sekunden vor dem Ende das 1:6 von Oliver Kämmerer hinnehmen und wurde damit um den hochverdienten Shutout gebracht.
„Für mich war das zweite Drittel entscheidend“, sagte Erfurts Trainer Jan Vavrecka. „Ansonsten war ich eigentlich mit der Leistung der Mannschaft zufrieden. Wir haben es jedoch versäumt, unsere Chancen zu nutzen. Und wir haben natürlich personell durch die Ausfälle eine Situation, die nicht so einfach ist für uns. Aber das soll kein Alibi sein.“
„Für Janne und für uns war das wirklich ein toller Anfang“, sagte Streu. „Das es so gekommen ist, haben wir unseren Fans zu verdanken. Janne hat viel positive Energie ins Team gebracht. Das Spiel ist super gelaufen. Die drei Punkte waren sehr wichtig und eigentlich nie gefährdet.“ Beim „Unplugged-Konzert“ nach dem Spiel im Bistro mit Stadionsprecher Fabian Illigens sowie Bärenfan und Musiker Thilo Distelkamp feierten die Fans gemeinsam mit der Mannschaft und Janne Kujala dessen Rückkehr. Und obwohl der Finne schon da war, wurden auch hier noch einmal unglaubliche 600 Euro gespendet.
EHC Neuwied: Linda (Haedelt) - Erk, Ochmann, Dennis Schlicht, Sven Schlicht, Pantic, Pruden, Wengrzik, Hergt - Kujala, Gibbons, Rabbani, Myers, Fröhlich, Tegkaev, Köbele, Müller, Spöttel, Wasser, Keil, Butasch.
Schiedsrichter: Erich Singaitis.
Zuschauer: 1312.
Tore: 1:0 Janne Kujala (14.), 2:0 Stephan Fröhlich (18.), 3:0 Josh Myers (21.), 4:0 Brian Gibbons (34.), 5:0 Artur Tegkaev (40.), 6:0 Dominik Ochmann (57.), 6:1 Oliver Kämmerer (60.).
Strafen: Neuwied 8 + 10 Gibbons, Erfurt 10.
Der Ausblick:
Sonntag, 18 Uhr: Salle Bulls Halle – EHC Neuwied
PM Neuwied / eishockey.net
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