Die Florida Panthers haben am Mittwochabend im TD Garden für eine Überraschung gesorgt und Spiel 2 in der 1. Runde der Stanley Cup Playoffs 2023 bei den Boston Bruins mit 6:3 gewonnen. Für einen seltenen Erfolg in Boston musste Florida gleich viermal in Führung gehen, am Ende aber hielt Panthers-Torwart Alex Lyon den ersten Playoff-Sieg seiner Karriere fest.
Tkachuk: "Wir haben immer an uns geglaubt"
In Boston hingen die Trauben in dieser Saison höher als in allen anderen 31 NHL-Stadien: Die Bruins starteten mit 14 Heimsiegen in Folge (14-0-0) in die reguläre Saison 2022/23 und hatten vom 12. Oktober 2022 bis 8. Januar 2023 nochmal eine Punkteserie von 22 Spielen (19-0-3) auf heimischem Eis. Am Ende der Hauptrunde hatte Boston 34 von 41 Heimspielen gewonnen (34-4-3) und damit die beste Heim-Bilanz aller 32 Teams. Für die Stanley Cup Playoffs war es also kaum vorstellbar, dass die Panthers auch nur ein einziges Spiel würden stehlen können.
Genau das aber gelang den Gästen aus Florida am Mittwoch.
"Wir haben immer an uns geglaubt", sagte Power Forward Matthew Tkachuk. "Wir wussten, dass es eine schwere Aufgabe werden würde, aber uns hinzustellen und die Serie schon abzuschenken, bevor sie überhaupt begonnen hat, so sind wir nicht gestrickt. Wir treten gegen jeden selbstbewusst auf und haben uns vor dem dritten Drittel gesagt: Wenn du diese Serie gewinnen willst, dann musst du auch hier gewinnen."
Bennett kehrt zurück und bringt neue Energie
Schon im zweiten Drittel waren die Panthers zweimal in Führung gegangen. Den Anfang machte Rückkehrer Sam Bennett, der zuvor 13 Spiele wegen einer Leistenverletzung verpasst hatte, und traf zum 1:0 (22.).
"Es hat sich großartig angefühlt", so Bennett. "Es ist immer hart, wenn du draußen bist und dir Spiel 1 von der Tribüne hast anschauen müssen. Wieder zurück zu sein war ein tolles Gefühl."
Wie wichtig Bennet für Florida ist, zeigt der Blick auf seine Statistiken: Mit sieben Torschüssen gab der 26-jährige Kanadier die meisten aller Spieler in dieser Partie ab, spulte viele Kilometer ab und ging mit drei Checks zusätzlich unter die Haut. Zuvor spielte er eine Karriere-Saison mit 40 Scorerpunkten (16-24-40) in 63 Spielen.
"Tkachuk hatte ein Karrierejahr, Luostarinen hatte ein Karrierejahr, Verhaeghe hatte ein Karrierejahr", zählte Panthers-Trainer Paul Maurice auf. "Und alle drei haben einen Großteil der Saison mit Bennett zusammengespielt. Das sagt viel über seine Stärke aus. Er spielt so verdammt hart und bestimmt das Spiel. Das sagt man über gute Spieler, dass sie die Spieler um sich herum besser machen."
"Er ist ein gefährlicher Spieler, insbesondere in den Playoffs", bestätigte auch Verteidiger Brandon Montour. "Es war schön zu sehen, dass er wieder da ist."
Erstes Playoff-Tor: Montours Blitzstart stellt die Weichen
Montour selbst sollte in diesem Spiel selbst noch eine Hauptrolle zukommen. Nachdem es mit 2:2 in die zweite Pause gegangen war, sorgte der 29-jährige Kanadier für einen Blitzstart ins dritte Drittel. Sein Distanzschuss, der zum 3:2 einschlug (41.), war sein erstes Karriere-Tor in den Stanley Cup Playoffs und Floridas schnellstes Playoff-Tor zum Start eines Drittels
"Das hat im 4-gegen-4 gut ausgesehen", erinnerte sich Montour an diesen besonderen Moment. "Wir hatten mit Sam Reinhart und Aleksandar Barkov zwei großartige Spieler da vorne drin, die mich gut in Szene gesetzt haben. Barky hat dem Torwart die Sicht genommen, ich musste also nur noch einen Schuss aufs Tor bringen. Es war schön zu sehen, dass er reingegangen ist."
In seinem 39. Playoff-Spiel avancierte Montour dann auch noch zum Doppelpacker und erzielte das spätere 5:2 (53.).
"Wir wollten auf den Stärken aufbauen, die wir schon in Spiel 1 gezeigt hatten", sagte Montour. "Wir haben gekämpft, die richtigen Spielzüge gemacht und uns am Ende gegenseitig beschützt. Es war ein tolles Spiel und darauf bauen wir jetzt wieder auf."
Bounce-Back-Spiel von Goalie Lyon
Eine klare Leistungssteigerung ging auch von Floridas Starter Alex Lyon aus, der bei seinem Playoff-Debüt zwei Tage zuvor noch ein paar Probleme hatte (26 Saves, 89,7 Prozent Fangquote).
"Ich war zuvor noch nie in so einer Situation und musste mich in Spiel 1 erstmal daran gewöhnen. Heute habe ich mich deutlich wohler gefühlt", sagte der 30-jährige US-Amerikaner, der sich mit 34 Saves und 91,9 Prozent Fangquote nun stark verbessert präsentierte und den ersten Playoff-Sieg seiner Karriere festhielt.
"Es hat Spaß gemacht. Ich habe es wirklich genossen, bei dieser Atmosphäre zu spielen. Daraus konnte ich Energie ziehen. Ich hatte eine gute Zeit und freue mich über einen Sieg gegen einen sehr talentierten Gegner. Es ist jetzt nicht die Zeit, den Fuß vom Gas zu nehmen. Darauf liegt unser Fokus. Du kannst in dieser Serie nichts für selbstverständlich nehmen. Wir müssen physisch und psychisch in der Spur bleiben und die Ergebnisse für sich sprechen lassen."
Bruins hadern mit vielen Puckverlusten
Boston, das erneut ohne Nummer-1-Center Patrice Bergeron (Oberkörperverletzung) auskommen musste, haderte derweil mit ungewohnt vielen Scheibenverlusten. "Die Puckverluste, die wir heute hatten, waren katastrophal", erkannte auch Bruins-Trainer Jim Montgomery. "Sie waren meist in der Mitte des Eises und damit völlig untypisch für uns. Unsere Arbeitseinstellung war da, aber es hat an der Umsetzung auf dem Eis gefehlt."
"Wir sind immer dann gut, wenn wir uns an unser System halten. Heute sind wir ein wenig davon abgekommen, was auch ein Stück weit selbstverschuldet war", analysierte Bostons Stürmer Brad Marchand. "Das müssen wir künftig besser machen, denn wir spielen gegen ein richtig gutes Team."
In der Nacht von Freitag auf Samstag (1:30 Uhr MESZ) wechselt die Serie nach Sunrise/Florida. Für die Bruins bleibt also nur wenig Zeit zum Wundenlecken.
"In jeder Serie gibt es Hochs und Tiefs, so ist Playoff-Hockey nunmal", nimmt es Bruins-Abwehrchef Charlie McAvoy gelassen. "Wir müssen es akzeptieren, wie es passiert ist und nun für die Wende sorgen. Darum geht es: Wir müssen uns für die Zukunft steigern."