War es vor dem letzten Wochenende nicht so sehr überraschend, dass man gegen den Herner EV nicht zwingend Punkte holen würde, wiegt die Niederlage bei den Preussen in Berlin nicht nur aufgrund des Ergebnisses, sondern vor allem aufgrund der Darbietung der Falken schwer. So fuhr die Mannschaft aus Herne mit einem unnötig hohen 2:7 (1:0; 1:2; 0:5)-Sieg zurück nach Hause und in Berlin kassierte man gegen den Tabellenletzten eine 3:1 (0:0; 2:1; 1:0)-Niederlage.
Dabei sah es zu Beginn der beiden Spiele gar nicht so schlecht aus. Gegen Herne konnte man sogar bis weit in das Schlussdrittel auf Augenhöhe agieren und hätte Brandon Morley 10 Sekunden nach Beginn des 3. Drittels nicht nur den Pfosten getroffen, wäre sicherlich einiges mehr drin gewesen. Doch die Harzer blieben über das gesamte Spiel ihrer desaströsen Chancenverwertung treu und brachen nach dem 2:3 der Herner in der 48. Spielminute völlig in sich zusammen. Nun fiel das 2:3 eher unglücklich, als dem starken Patrick Asselin der Puck nach einer guten Chance der Harzer in der neutralen Zone mehr oder weniger vor die Füße fiel und er bei seinem Alleingang zeigte, wie man derartige Chancen verwertet. Und auch das 2:4 durch einen eher harmlosen aber abgefälschten Schuss passte ganz gut in das Harzer Bild dieser Saison. Doch was so gar nicht passte und in der ersten Saisonhälfte deutlich besser gemacht wurde, war, dass es die Harzer nicht schafften durch Mentalität und Kampf zurück ins Spiel zu kommen. Es gab kein Aufbäumen mehr, man ergab sich quasi dem Schicksal und schaute mehr oder weniger dabei zu, wie der Gast das Ergebnis in eine Höhe schraubte, die so rein gar nichts mit dem Spielverlauf bis zur 48. Minute zu tun hatte. Dabei muss man ausdrücklich die 3. Reihe der Harzer von jeglicher Kritik ausnehmen. Denn Marcel Deich, Patrick Dzemla und Jörn Weikamp zeigten wie eigentlich immer alles und hielten den anderen Reihen mit einer vorbildlichen Leistung den Rücken frei.
Berlin als Tiefpunkt
Nun kann man meinen, dass es angesichts des viel wichtigeren Spieles zwei Tage später in Berlin nicht wirklich wichtig war, ob man mit zwei oder fünf Toren Unterschied verliert. Doch genau genommen kam es in Berlin noch wesentlich schlimmer. War im 1. Drittel eigentlich noch alles im grünen Bereich und die Falken optisch überlegen, zeigten die Berliner in der Schlussphase mit einem Lattentreffer und diversen Großchancen in nur wenigen Sekunden, wo die Reise dieses Spieles hingehen sollte. Denn das Mitteldrittel gingen die Hauptstädter genauso an, wie sie das vorherige Drittel beendet hatten. Und man konnte bereits in diesen beiden Phasen froh sein, dass hier die beiden Teams mit der schlechtesten Chancenverwertung aufeinander trafen. Denn selbst das leere Tor vermochten die Preussen in dieser Phase nicht zu treffen. Aber im Gegensatz zu den Harzern, bei denen lediglich Tim Dreschmann und der unermüdliche Gregor Kubail in der Offensive und Max Bauer in der Defensive noch so etwas wie Normalform erreichten, ließen sich die Berliner nicht entmutigen. Und auch wenn die Falken noch zu der einen oder anderen Chance kommen sollten, war der Führungstreffer durch Ludwig Wild und das 2:0 durch einen verwandelten Penalty von Kyle Piwowarczyk zu diesem Zeitpunkt mehr als verdient. Bezeichnend, dass Gregor Kubail den Anschlusstreffer fast schon alleine erzwang, als er zunächst mit einem tollen Alleingang noch am Berliner Schlussmann scheiterte, jedoch sofort nachsetzte, den Puck zurück eroberte und Tim Dreschmann mustergültig zum 2:1 bediente.
Hoffnung keimte auf, die aber ein zartes Pflänzchen bleiben sollte. Denn ausgerechnet Fabian Hönkhaus, der an den vorherigen Treffern nichts ausrichten konnte und sein Team bis dahin mit einigen Glanztaten im Spiel gehalten hatte, verschätzte sich beim Herauslaufen zum Puck völlig, wurde von Jakub Rumpel umkurvt und der legte bereits hinter dem Tor angekommen auf Piwowarczyk, der nur noch ins leere Tor versenken musste.
Team an diesem Wochenende mit nur wenigen Lichtblicken
Ein Spiel, das schonungslos die Schwächen der Harzer Mannschaft aufdeckte. Denn kann man neben Max Bauer noch den gerade erst genesenen Nico Ehmann in der Defensive durchaus positiv herausheben, wobei Ehmann in Berlin auch nicht wirklich vollends überzeugen konnte, und in der Offensive Gregor Kubail und Tim Dreschmann aus der Generalkritik dieses Wochenendes etwas herausnehmen, so ist der Rest den Anforderungen dieser Liga anscheinend nicht wirklich vollends gewachsen. Auf der Berliner Seite zeigte Kyle Piwowarczyk nicht nur den Harzer Kontingentspielern wie man den Unterschied macht und mit zwei Toren und einer mustergültigen Vorlage so ein Spiel nahezu alleine gewinnt. Er ging im Gegensatz zu seinem Pendant auf Harzer Seite auch als Kapitän voran und trieb sein Team zu einer Energieleistung, die ausreichte um ein Harzer Team niederzuringen. Während Erik Pipp dem Spiel kaum einen entscheidenden Input geben konnte, erneut unnötige Strafen in entscheidenden Situationen kassierte und nach einer Schlägerei kurz vor Spielschluss auf dem Weg zur Dusche (2 + 2 + 10 Strafminuten) nichts Besseres zu tun hat, als in Richtung Berliner Bank zu pöbeln, was die Preussen mit einem Lächeln und dem Hinweis auf die Anzeigetafel kontern konnten. Zeitweise musste man der Meinung sein, Teile des Teams hatten dieses Spiel und vor allem den Gegner im Vorfeld überhaupt nicht ernst genommen. Und wenn dann ein Richard Zerbst drei Mal in bester Schussposition nicht mal nur das Tor, sondern völlig unbedrängt nicht einmal den Puck trifft, muss man sich fragen, ob der Geburtstag von Nico Ehmann am Vortag zu einer spontanen Party geführt hat, die nicht alle unbeschadet überstanden haben. Und immer wieder ist es die Chancenverwertung der Falken, die im Laufe der Saison immer mehr Grund zur Besorgnis gegeben hat. Fast schon bezeichnend, dass der bereits 36-jährige Artjom Kostyrev, der von Saisonbeginn an meist mit erheblichen Rückenproblemen zu kämpfen hat und am letzten Wochenende verletzungsbedingt fehlte, in nur 29 von 39 Spielen zum Topscorer dieses Teams avanciert. Das ist respektabel und zeichnet die vorbildliche Einstellung von Kostyrev aus, sollte aber vor allem seinen Mitspielern Anlass zum Nachdenken geben. Und dieses Nachdenken sollte möglichst schnell einsetzen. Denn ganz bestimmt haben die Preussen durch den Sieg einiges an Motivation gewonnen und sind mit der Paradereihe um Piwowarczyk, Rumpel und Wild immer in der Lage, in dieser Liga für Überraschungen zu sorgen. Ein Umstand, der bei nur noch 5 Punkten Vorsprung eine immense Bedrohung darstellt und die Harzer dazu zwingt, noch Punkte zu sammeln, will man diese Saison nicht als Schlusslicht beenden. Nach der Darbietung in Berlin fragt man sich allerdings ernsthaft, gegen wen diese Punkte geholt werden sollen.