Genauso wunderschön wie die Play-offs in den Augen eines jeden Eishockey-Fans sind, so verrückt ist diese K.o.-Runde um Meisterschafts- und Pokalgewinn auch. Sie schlägt Kapriolen, die jeder Theorie widersprechen. Am Freitag hatte der EHC Neuwied im Halbfinale um den Central European Hockey League Cup den Lüttich Bulldogs beim 8:0-Sieg im Icehouse keine Chance gelassen. Pflichtaufgabe im Pationoire Olympique de Liège zwei Tage später? Alles nur Formsache? Wer so denkt, ist auf dem Holzweg. Denn beim Wiedersehen am Sonntagabend entwickelte sich eine Partie die mit der in Neuwied nichts, aber auch wirklich überhaupt nichts gemeinsam hatte. „Wir haben in dieser Saison Probleme, unsere guten Heimleistungen auswärts zu bestätigen“, sagte Trainer Leos Sulak zur 1:4 (0:2; 1:0; 0:2)-Niederlage in Belgien. „Wir haben uns nicht an unseren Plan gehalten und vor dem Tor nicht so gearbeitet, wie wir es müssen.“
Die Konsequenz: Am Dienstagabend, 20 Uhr, kämpft der EHC – dann wieder vor heimischen Fans – um den Einzug ins Cup-Endspiel am 8. Januar. Der Spielort dieser Begegnung ist weiterhin ungewiss.
„Ich bin maßlos enttäuscht, wie wir uns präsentiert haben. Das darf uns nicht passieren“, ärgerte sich Manager Carsten Billigmann. „Die Mannschaft steht in der Pflicht, am Dienstag das Finale zu erreichen. Ich erwarte eine klare Reaktion.“ Die Bären hatten auf dem knapp 200 Kilometer weiten Weg nach Lüttich ihren Biss und ihre Galligkeit vom Freitag verloren. Die Folge ein 0:2-Rückstand nach dem ersten Drittel. Beim 1:0 spielte sich Lüttich im EHC-Drittel fest, Bryan Henry legt den Puck zunächst überlegt zurück an die blaue auf Frank Neven ab, der das Spielgerät auf den und unverhofft in den Neuwieder Kasten beförderte. Keine zwei Minuten später erhöhte die
Heimmannschaft den Spielstand. Ein Puck-Verlust im Neuwieder Offensivspiel gab den Bulldogs die Möglichkeit, in der eigenen Arena zu kontern. Dies gelang: Lucas Boni legte rechts raus zu Andy Kolodziejczyk, der sich ein Herz nimmt und aus recht spitzem Winkel abzog und versenkte.
Doch die Gäste stecken nicht auf. Gegen Mitte des zweiten Abschnitts ähnelte der Anschlusstreffer dem 2:0 der Belgier aus dem ersten Drittel. Auch hier ging es zunächst schnell über die rechte Seite. Antreiber hier: Michael Jamieson. Über Umwege gelangte der Puck dann doch noch zu Jeff Smith, der von hinter dem Tor startete und in Bauerntrick-Manier auf das lange Eck zum 1:2 aus EHC-Sicht verkürzte (26.). Es war wieder alles drin. Im EHC-Tor stand inzwischen Oto Jeschke, der nach 20 Minuten Lukas Schulte ersetzte. Ähnlich wie sein Torhüterkollege musste auch die EHC-Nachverpflichtung zweimal innerhalb kurzer Zeit hinter sich greifen. Bitter beim 3:1 für die Bulldogs: Jeschke hatte zuvor seinen Schläger verloren, und mit der aus der Verteidigung übergebenen Aushilfsausrüstung gelang es nicht, den Puck kontrolliert abzuwehren. Bryan Kolodziejczyk nutzte die Gelegenheit und verwertete den Abpraller (52.). Das 4:1 raubte auch dem letzten Bären-Fan die Hoffnung auf die mögliche Wende. Der nächste Angriff des amtierenden BeNe-League-Meisters saß erneut. Nachdem die Gäste wieder Probleme hatten, sich zu befreien, kam der Puck über Umwege zu Olaf-Jan Schoningh, der eiskalt auf 4:1 erhöhte (53.).
Die Niederlage auf dem Eis war beschlossene Sache, aber eine Angelegenheit sorgte noch für Gesprächsstoff: Lüttich hatte im ersten Drittel mit Boet van Gestel einen Verteidiger eingesetzt, der nicht auf dem Spielberichtsbogen stand. „In den deutschen Ligen hätte das eine 5:0-Wertung für uns zur Folge“, betonte Billigmann. Im belgisch/niederländischen Spielbetrieb sieht das jedoch offenbar anders aus. Erst nach intensiverem Einreden erklärten sich die Schiedsrichter bereit, den Fall in einem Zusatzbericht zu vermerken. „Seitens des CEHL-Präsidiums wurde mir gesagt, dass alles so in Ordnung sei. Es habe sich um ein technisches Problem gehandelt, und weil der Lütticher Spieler spielberechtigt war, habe er auch so spielen dürfen“, schilderte Billigmann, ohne diese Regelung nachvollziehen zu können. Die Schiedsrichter Chris van Grinsven und Pascal Keus zogen van Gestel, als sie dessen Mitwirken bemerkten, aus dem Verkehr – damit sei die Sache nach Aussage der Unparteiischen erledigt gewesen. CEHL-Funktionär Hub van Grinsven, der Vater des einen Schiedsrichter, teilte Billigmann mit, dass das Regelbuch und auch, wie man mit einer solchen Situation umzugehen hat, in diesem Fall sehr klar sei. Das Regelbuch des Weltverbandes IIHF sagt aus: „Nur die Spieler, die auf der Mannschaftsliste stehen, die dem offiziellen Punkterichter vor dem Spiel vorgelegt wurde, dürfen an einem Spiel teilnehmen.“ Die Konsequenzen sind derweil in der jeweiligen Spielordnung der Liga festgehalten. Die Regularien der CEHL sagen darüber jedoch nichts aus. „Das alles spielt jetzt keine Rolle mehr“, sagt Billigmann. „Es gilt nur der Dienstag. Und da wollen wir ins Finale.“