Anzeige
Δ-Θ
(0:1) - (0:2) - (0:1)
30.12.2024, 20:00 Uhr

Scorpions waren Gnadenlos effizient

Zweiter vs. Vorletzter. Eigentlich eine klare Sache

Þ31 Dezember 2024, 16:06
Ғ256
ȭ
erfurt
Logo TecArt Black Dragons Erfurt

Könnte man auch meinen, wenn man sich nur das Endergebnis anschaut. Drachen aus Erfurt 0, Skorpione aus Hannover 4. Doch so einfach ist das Ergebnis nicht zu erklären. Aber der Reihe nach.

Beim dritten Aufeinandertreffen in dieser Saison — in Hannover ergatterten die Thüringer am 2. Oktober in der Overtime den bislang einzigen Punkt, das Rückspiel ging am 15. November 3:5 auf heimischem Eis verloren— sollte es diesmal mehr werden. Die TecArt Black Dragons hatten mit drei Siegen aus vier Spielen so etwas wie Rückenwind und die Play off-Plätze nach wie vor fest im Visier. Die Gäste aus Niedersachsen dagegen haben nur die Tabellenspitze im Blick. Man will Tilburg unbedingt noch abfangen. Alles andere als der Aufstieg scheint an der Leine indiskutabel zu sein. So verpflichtete man sicher nicht für wenig Geld einen Hochkaräter als Chefcoach — Tom Barrasso (59). Der frühere Torwart, Amerikaner mit italienischen Wurzeln, ist nicht irgendwer, sondern zweifacher Stanley Cup-Sieger, Mitglied der United States Hockey Hall of Fame mit 777 Spielen in der NHL auf dem Buckel und jahrelanger Trainer in der NHL, in Italien, England, Russland oder Österreich. Wer so eine Koryphäe verpflichtet, muss am Ende zwangsläufig liefern. Hannover hat am Montagabend mit einem Shutout zwar geliefert, aber das Ergebnis erzählt nicht, was sich zuvor 60 Minuten lang auf dem Eis der Kartoffelhalle abgespielt hatte. Denn so klar, wie das 0:4 aussieht, so klar war es nicht.

Die Scorpions, so viel vorweg, waren die wohl schnellste Mannschaft, die in Erfurt bislang ihre Visitenkarten abgab. Die Profis zeigten Hochgeschwindigkeits-Eishockey. Davon ließen sich die Hausherren aber reichlich wenig beeindrucken. Sie nahmen diese Herausforderung mit aller Kraft an und waren genau so behende auf dem Eis, wie die Gäste. Und so entwickelte sich ein Spiel der besseren Sorte, in dem sich die Erfurter nicht versteckten und den Kasten des glänzend aufgelegten Gästekeepers Kevin Reich unter Beschuss nahmen, gleichzeitig aber immer vor den blitzartigen Angriffen der Hannoveraner auf der Hut sein mussten. Und dann passierte das, was sich letztendlich leider wie ein roter Faden durch das ganze Spiel zog: Die Drachen sündigten derart mit ihren Chancen, dass er eine oder andere Besucher in der erneute ausverkauften Halle am Ende weniger Haare auf dem Kopf hatte, weil er sie sich ausgerauft hatte. Man mag nicht aufzählen, wer sich alles in die Liste derer eingetragen hatte, die fleißig und mit Power versuchten, letztlich erfolglos, den Puck im Gästekasten unterzubringen. Gefühlt waren es alle Feldspieler der Drachen. Das einzige Tor im ersten Durchgang besorgten dann die Gäste und das auch noch in Unterzahl. Ein, man muss es anerkennen, Bilderbuchtor. Erfurt verliert die Scheibe und drei der Scorpions schalten blitzschnell um und kombinieren frei, da keiner der Erfurter schnell genug zum Stören nachlaufen konnte. Alexander Heinrich, Markus Eberhardt und Allan McPherson — dieses Überfallkommando zeigte eindrücklich, was in Hannover Sache ist. Und so stand es nach 14 Minuten 0:1.

In Drittel Nr.2 das gleiche Geschehen. Die TecArt Black Dragons überbieten sich im Auslassen selbst größter Chancen, Hannover sticht wie eben ein Skorpion zu. In der 29. Minute kombinieren sich die Gäste im Höllentempo vor das Drachen-Tor. McPherson verwertet ein präzises Zuspiel von Pascal Aquin eiskalt. Da hatte Patrick Glatzel keine Chance. Der Drachen-Goalie hatte dennoch genauso wie sein Gegenüber Reich einen Top-Tag erwischt, der aber leider unbelohnt bleiben sollte. Weil seine Vorderleute zwar nichts unversucht ließen, aber dennoch mit den allerklarsten Chancen sündigten. Anders der Tabellenzweite. 35. Minute, wieder ein starke Passkombination auf McPherson, der zum 0:3 trifft. In der 40. Minute das Gegenstück. Gleich drei Erfurter verballern ihre Hochkaräter im Sekundentakt.

42 zu 41 Torschüsse standen am Ende in der Statistik des fairen Spiels, das im Gegensatz zu vergangenen Treffen diesmal ohne Rauferei auskam. Zieht man den Ertrag letztlich zu Rate, ergibt sich von selbst das Fazit. Hannover: schnell, technisch exakt und brutal effizient. Erfurt: schnell, bissig, kämpferisch ohne Makel, aber eben glücklos, weil der Chancenwucher gar zu heftig war. Und so setzte der Aufstiegsaspirant mit dem Tor Nr. 4 das Sahnehäubchen auf eine Topleistung. 58. Minute, Erfurt hat Keeper Glatzel für einen sechsten Feldspieler „geopfert“. Doch dann patzt Andreas Dzerins an der blauen Linie des Gästedrittels. Blitzschneller Gegenstoß. Das Empty Net-Goal zum 0:4 durch Dylan Wruck — nur noch Formsache.

An der Einstellung der Erfurter gibt es nichts zu bemängeln. Alle Cracks hatten sich voll Leidenschaft reingehängt, alles versucht, waren aber letztlich an sich selber und den Ladehemmungen gescheitert. Das analysierte auch Gästecoach Barrasso nach dem Spiel so: „Die Chancenverwertung hat letztlich den Ausschlag gegeben“. Er lobte zugleich die hervorragende Leistung beider Torleute. Drachen-Cheftrainer Robert Hoffmann blieb nur, dem zuzustimmen. An der Effizienz werde unbedingt zu arbeiten sein, so sein Versprechen. Damit sich die Play Offs nicht als Fata Morgana erweisen.

Schon am Freitag besteht die Möglichkeit der Wiedergutmachung, wenn man am dritten Tag des neuen Jahres beim Erzrivalen in Halle, dem auch das Wasser bis zum Hals steht, antreten muss.

Anzeige
â
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige