„Wir sind die Gejagten, alle wollen uns schlagen“, so Ryan Foster bei seiner Kabinenansprache vor dem Heimspiel gegen die Hannover Indians. Der Tabellenführer empfängt den Zweitplatzierten, die Saale Bulls treffen auf die Hannover Indians – mehr Spitzenspiel ging einfach nicht. „Beide Mannschaften stehen verdient dort, wo sie gerade stehen“, so Gäste-Coach Lenny Soccio im Vorfeld der Partie, bei der er ein „bisschen Playoffs-Atmosphäre“ verspürte. Auch für Foster, der seit seiner Rückkehr an die Saale im November 2019 zum 100. Mal als Head Coach hinter der halleschen Bande agierte, „fühlte es sich wie die erste Playoff-Runde an.“
Doch während in den Playoffs in der Regel eher defensiv agiert wird, duellierten sich beide Teams ab dem ersten Bully mit offenem Visier. Taktische Zwänge? Zuordnungen? Systemtreue? Fehlanzeige, davon war in den ersten Minuten der Partie wenig bis gar nichts zu sehen. Auf ein Abtasten wurde gänzlich verzichtet, beide Mannschaften suchten mit Anpfiff ihr Heil einzig und allein in der Offensive – für Zuschauer spektakulär anzuschauen, für Trainer eher weniger. Just in dieser Phase war es Tim May vorbehalten, früh den Führungstreffer der Bulls zu erzielen und somit ein erstes Zeichen zu setzen. In der Folge konnten sich sowohl Sebastian Albrecht als auch seine Gegenüber David Miserotti-Böttcher mehrfach auszeichnen, sodass es mit einer knappen Führung in die erste Pause ging. „Es war ein hohes Tempo und es bleibt anstrengend“, befand Assistenzkapitän May – und er sollte Recht behalten.
Im zweiten Spielabschnitt erspielten sich die Niedersachsen ein deutlich größeres Chancenplus, während die Bulls mehr und mehr Entlastungsangriffe fuhren. In einer Phase, in der die Großstadtindianer dem Ausgleich deutlich näher waren als die Gastgeber dem Ausbau der Führung, bot sich dem ECH in Person von Parker Bowles per Penalty die Chance, die Partie wieder auf Anfang zu setzen. Eine Möglichkeit, die sich der 26-jährige Kanadier nicht nehmen ließ und somit für den zu diesem Zeitpunkt mehr als verdienten Ausgleich sowie zweiten Pausenstand sorgte. „Es war sehr anstrengend, aber wir haben uns selbst belohnt“, so Indians-Angreifer Maximilian Pohl. „Wir haben uns rangekämpft und sind jetzt wieder auf Augenhöhe.“
Im Schlussdrittel dann die finale Entscheidung zu Gunsten der Gastgeber, resultierend aus Undiszipliniertheiten der Indianer: Bei einer doppelten Überzahl ließ sich Lukas Valasek nicht lange bitten und netzte zum 2:1 ein. „Das Fünf-gegen-drei war super herausgespielt“, so Soccio, der mit seiner Mannschaft drei Minuten später den dritten Gegentreffer hinnehmen musste und alles auf eine Karte setzte: Bereits zweieinhalb Minuten vor der Schlusssirene zog er Miserotti-Böttcher zu Gunsten eines sechsten Feldspielers, wollte den Anschlusstreffer erzwingen – Patrick Schmid sagte Danke und netzte zum 4:1 ins verwaiste ECH-Gehäuse ein, Jayden Schubert betrieb 46 Sekunden vor Abpfiff für ein wenig Ergebniskorrektur.
Schlussendlich war es für die Bulls „ein verdienter Sieg“ nach einem „intensiven Spiel beider Mannschaften“, so Soccio im Anschluss an die Partie. Eine Partie, die laut Foster „Werbung für den Sport“ war und die Tabellenführung der Bulls auf nunmehr fünf Zähler anwachsen ließ und man somit das Wochenende unabhängig vom Rückspiel am Sonntag am Pferdeturm auf Rang eins der Tabelle abschließen wird.